Thorax Trauma – Prof. Dr. med. Schöb erklärt

by Tariq Abu-Naaj

Ein Artikel zum Interview mit Prof. Dr. med. Othmar Schöb

Was ist ein Thorax-Trauma?

Thorax-Trauma ist der Fachbegriff für eine Verletzung des Brustkorbs, von der auch die darin befindlichen Organe mitbetroffen sein können. Bei Verletzungen des Brustkorbs allein spricht man von einer Kontusion oder Quetschung der Weichteile. Die Knochen des Brustkorbs können gequetscht oder gebrochen sein. Wir unterscheiden dabei Rippenbrüche, Brüche des Brustbeines, des Schlüsselbeines, des Schulterblattes und der Wirbelsäule.

Prof. Dr. med. Othmar Schöb ist führender Arzt im chirurgischen Zentrum Hirslanden in Zürich, das als zweites Zentrum in Europa eine Therapie bei Bauchfell- und Brustfellkrebs anbieten kann. Im Interview berichtet Dr. Schöb darüber, was ein Thorax-Trauma ist, wie man es erkennt und behandeln kann. 

Unseren Podcast zum Thema Thorax Trauma mit Prof. Dr. med. Othmar Schöb finden Sie hier

Wie können medizinische Laien ein Thorax-Trauma erkennen?

Ein Thorax-Trauma macht sich meistens durch heftige Schmerzen bemerkbar. Bei stärkeren Verletzungen oder gar einer Beteiligung der inneren Organe kommt es zusätzlich zu Atembeschwerden (Verletzung der Lunge) und zu Kreislaufproblemen bis hin zum Kreislaufschock (Blutungen, Verletzung des Herzens und der Blutgefäße im Thorax). 

Atemprobleme äußern sich anhand der folgenden Symptome: 

  • schmerzbedingter oberflächlicher Atmung
  • Schmerzen bei tiefer Atmung und Husten
  • Atemnot
  • Unruhe und Angst
  • Blässe und Kaltschweissigkeit
  • blaue Lippen
  • eventuell ein pfeifendes Atemgeräusch

Hinzu kommen beginnende Zeichen von Kreislaufproblemen wie Schwindel, Blässe, Schweißausbrüche, Zittern, Übelkeit und Müdigkeit. Bei einem Kreislaufschock steht zusätzlich ein schneller und flacher Puls im Vordergrund. 

Wie kann man ein Thorax-Trauma diagnostizieren?

Die erste Diagnose stellt sich anhand der Beurteilung der Atmung und der Untersuchung des Kreislaufs. Im Spital wird in den meisten Fällen eine Thorax-Röntgenaufnahme und eine Ultraschalluntersuchung des Thorax und der Oberbauchorgane durchgeführt. Bei erheblichen Verletzungen kommt eine Computertomografie des Thorax zum Einsatz. Damit können der Schweregrad der Brustkorbverletzung und der Verletzungen der inneren Organe (Lunge und Oberbauchorgane) erkannt werden. Bei speziellen Fragestellungen werden weitere Untersuchungen per Bronchoskopie (Verletzungen der Lunge und der Luftwege) und per Gastroskopie (Verletzungen von Speiseröhre und Magen) durchgeführt.

Was können Erst-Helfer beim Verdacht auf ein Thorax-Trauma tun?

Besonders wichtig ist, dass Laien und Erst-Helfer beim Patienten bleiben und ihn unterstützen. Insbesondere sollte der Verletzte aufgefordert werden, bewusst und möglichst tief, auch bei erheblichen Schmerzen ein – und auszuatmen. Bei Kreislaufproblemen empfiehlt sich die Rückenlagerung mit hochgelagerten Beinen. Sollte die Bewusstseinslage beeinträchtigt oder sogar eine Bewusstlosigkeit eingetreten sein, dann bringen Sie den Patienten in die korrekte Seitenlagerung. Viele Thorax-Verletzte können sich nicht mehr selbst bewegen, sodass die Rettungskette alarmiert werden muss. Auch bei selbstständiger Rettung aus der misslichen Lage sollte eine ärztliche Untersuchung durchgeführt werden.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen stumpfem und penetrierendem Thoraxtrauma?

Bei einem Thoraxtrauma hat immer eine heftige Gewalt auf den Brustkorb eingewirkt. Dies ist der Fall bei einem Sturz und einer Schlagverletzung. Bleibt die Thoraxwand intakt und ist von außen keine Wunde erkennbar, dann spricht man von einem stumpfen Thorax-Trauma. Dieses äußert sich meistens durch erhebliche Schmerzen. 

Eine Stich- oder Hiebverletzung führt zu einem offenen oder penetrierenden Thoraxtrauma, bei dem eine Wunde am Brustkorb vorliegt. Wenn die Wunde bis zur Lungenoberfläche reicht, dann liegt eine offene Thorax-Verletzung vor. Ist selbst die Lungenoberfläche mit verletzt, dann gelangt atemsynchron bei Ein- und Ausatmung Luft aus dem Brustkorb über die Wunde in den Brustkorb. 

Achtung:

Ein penetrierendes Thorax-Trauma ist ein echter Notfall, der umgehend fachärztlich beurteilt werden muss. Das Gleiche gilt bei einem Verdacht auf Begleitverletzungen im Brustkorb oder den Oberbauchorganen.

Wann spricht man von einem Spannungspneumothorax?

Bei einem geschlossenen Thorax-Trauma kann trotzdem ein Einriss des Überzuges der Lunge vorliegen (der Pleura). In diesem Fall tritt Luft aus der Lunge aus und gelangt in den normalerweise nicht vorhandenen Raum zwischen Lungenoberfläche und der Wand des Brustkorbs. Man spricht in diesem Fall von einem Pneumothorax. 

Der Spannungspneumothorax ist ein Spezialfall, bei dem die ausgetretene und sich ansammelnde Luft außerhalb der Lunge und dem Brustkorb unter Druck steht. Ein Spannungspneumothorax führt früher oder später zu erheblichen Atmen- und Kreislaufproblemen und muss möglichst schnell fachärztlich behoben werden. 

Wie wird ein Spannungspneumothorax behandelt?

Der entsprechende Eingriff lautet Dekompression (= Druckentlastung). Dafür eignet sich die Einlage einer sogenannten Thoraxdrainage, eine Art Kunststoffrohr, über das die entwichene und unter Druck stehende Luft entweichen kann und sich Atmung und Kreislauf meist schnell wieder normalisieren. In besonders dramatischen Fällen kann die künstliche Anlage – eine Öffnung in der Brustwand – erfolgen.

Wann spricht man von einer Lungenkontusion?

Wenn der Brustkorb durch stumpfe Gewalt verletzt wird und zusätzlich die Lunge Schaden nimmt, spricht man von einer Lungenkontusion oder Lungenquetschung. Eine CT des Brustkorbs kann in der Regel auch kleinere Lungenkontusionen ohne Symptome erkennen. Bei umfangreicheren und schwerwiegenderen Lungenkontusionen können jedoch Atmungs- und Kreislaufprobleme auftreten, weshalb eine fachärztliche Beurteilung und Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich ist.

Frage aus der Community: Was ist ein Hochrasanz-Trauma?

Hochrasanz-Traumen treten auf, wenn eine starke Gewalt auf den Körper eines Menschen einwirkt, wodurch alle Körperteile, einschließlich des Brustkorbs und seiner inneren Organe, betroffen sein können. Typischerweise treten diese Verletzungen bei Unfällen im Straßenverkehr auf, aber auch bei Stürzen im Beruf oder in der Freizeit. Diese Unfälle sind immer mit hohen Geschwindigkeiten verbunden, die schwere Verletzungen verursachen können. Wenn mehrere Körperregionen betroffen sind, spricht man von einem Polytrauma. Eine spezialärztliche Untersuchung und Behandlung in einem Krankenhaus sind in jedem Fall erforderlich. Eine Überwachung auf der Intensivstation ist oft angezeigt, nachdem eine korrekte Untersuchung und geeignete Untersuchungsmethoden eingesetzt wurden, um lebensbedrohliche Verletzungen innerer Organe wie Gehirn, Lunge, Herz, große Gefäße, Leber, Milz, Nieren und Magen-Darm-Trakt auszuschließen oder nachzuweisen.

Zur Person von Prof. Dr. med. Othmar Schöb?

Prof. Dr. med. Othmar Schöb gehört zu den führenden Ärzten des Chirurgischen Zentrums Hirslanden Zürich. Im Rahmen seiner Grundausbildung zum chirurgischen Facharzt und seiner Assistenztätigkeit in der chirurgischen Klinik des Kantonsspitals Baden und dem Universitätsspital Zürich genoss Othmar Schöb eine erweiterte Grundausbildung mit deutlichem Schwergewicht in der Viszeral-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie. Er war lange Jahre Mitglied des Transplantationsteams am USZ bevor er 1999 Chefarzt der Chirurgischen Klinik am Limmattalspital wurde.

Nach 12-jähriger Chefarzttätigkeit wechselte Prof. Schöb an die Klinik Hirslanden als Viszeral und Thorax Chirurg und Partner des Lungen-Zentrums Hirslanden Zürich. 2012 war er zusammen mit Prof. Jan Schmidt und Prof. Rolf Schlumpf entscheidend, mitbeteiligt an der Gründung des Chirurgischen Zentrums Hirslanden Zürich, das ein Kompetenzzentrum für komplexe chirurgischen Therapien in der Viszeral, Thorax und komplexen Tumorchirurgie darstellt. 2014 wurde das Zentrum um die Kompetenz für die Behandlung der Tumore des Brust und Bauchfells erweitert.

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